Weiter geht es in meiner Serie zu den Russland-Visen.
Privatvisa
Diese Art von Visa für Russland eignet sich besonders dann, wenn man privat und nicht im Hotel zu wohnen beabsichtigt und der Einladende nicht den Gang zur Polizei oder Post scheut. Um die Abläufe dafür kennen zu lernen, wählten mein Freund in Moskau, der Jurist ist, und ich dieses Privatvisum. Wir wollten mal sehen, wieviel es im Vergleich zu einem Touristenvisum kostet und wieviel Zeit es kostet.
Ich stelle das hier einmal zusammen.
Zu Russisches Visum, Teil 1
Zu Russisches Visum, Teil 3
Zunächst stellte mein Freund bei der Polizei seines Verwaltungsbezirks (etwa 10 Minuten Fußweg von seiner Wohnung) einen Antrag. Daraufhin bekam er ein Formular, das er mir zumailte und das ich ausfüllen musste, so wie man auch bei einem Geschäftsvisum und Touristenvisum ein Antragsformular ausfüllt. Ich sandte ihm die PDF-Datei davon per E-Mail zu. Er druckte sich das Dokument aus und brachte es zur Polizei. Dann holte er die fertiggestelle Privateinladung an einem anderen Tage ab und ließ sie mir durch einen Kurierdienst zustellen. Gleichzeitig scannte er die Einladung im Computer auf Arbeit ein und sandte sie mir per Email zu. Das tat er auf meinen Wunsch hin, einmal, damit ich nicht unter Zeitdruck für die Beantragung des Visums gerate, falls mir die Urkunde doch nicht (pünktlich) zugestellt wird, zum anderen zum Testen, ob der Ausdruck einer eingescannten Einladung im Konsulat akzeptiert wird. Nun, ich beantragte mein Visum, bevor der Kurier an meine Wohnungstür klingelte - die ausgedruckte Einladung wurde entgegengenommen und akzeptiert. Für das Konsulat Berlin kann man sich also das Geld für den Kurierdienst sparen; es sei denn, die Regeln werden zwischenzeitlich geändert und strenger.
[Nachtrag 24.01.2013: Allerdings kann man auf der website des Russischen Konsulats in Hamburg (Abruf am 24.01.2013) lesen, dass beim Privatvisum die Einladung unbedingt im Original vorzulegen ist. - Es gibt hier und da ein paar Unterschiede in den Abläufen bei den Konsulaten in Deutschland!]
[Nachtrag 15.04.2016: Jetzt steht auf der Website https://russische-botschaft.ru/de/consulate/visafragen/privatvisum/ , dass für zur Bewilligung eines Privatvisums die Einladung im Original einzureichen ist. D.h. sie muss also per Kurier verschickt werden, was einiges kostet.]
Als ich in Moskau mit dem Visum, das auf einer Privateinladung basiert, angekommen war, gingen wir beide zu jener Polizeidienststelle, um die Registrierung zu bekommen. Für mein Freund war das der vierte Gang zur Polizei wegen der Einladung für mich; der dritte war das Hinbringen meiner Unterlagen, die ich ihm zugemailt hatte. Wir kamen am frühen Abend in die Polizeidienststelle. Mein Freund wurde von einer zur nächsten Tür geschickt. Zuerst sagte er mir beim Hinausgehen aus dem ersten Raum, er sollte zu den Öffnungszeiten wiederkommen; die nämlich sind von 10 bis 15 Uhr. Also innerhalb von normalen Arbeitszeiten für viele Einladungswillige vielleicht nicht zu schaffen. Doch kurz später nannte er ein anderes Hindernis. Die Beamten der Dienststelle verlangten von ihm Geld.
Mein Freund ist nicht bereit, Bestechung Vorschub zu leisten. - Es geht nicht mal um Bestechung, denn man soll nicht zahlen für Leistungen, die unter dem gegebenen Recht nicht zu erhalten wären, sondern für solche, auf die ein gesetzlich gestützter Anspruch besteht. Polizisten verweigern die Leistungen, auf die Anspruch besteht, wenn man ihnen nicht Geld gibt. Eigentlich wäre ein fünfter Gang zur Registrierungsbehörde zur genannten Öffnungszeit notwendig. Aber mein Freund entschied sich dafür, den Nachweis der Registrierung von der Post zu beschaffen. Die Post lag auf unserem Heimweg.
Registrierung auf der Post
Man gibt die Unterlagen zur Registrierung bei der Post ab, füllt ein Registrierungsformular aus, das man auf der Post erhält (sogenannte uwedomlenie), und erhält dann einen kleinen Zettel im A6-Format mit einem Poststempel mit Datum, der bestätigt, dass man die Registrierungsunterlagen abgegeben hat. Das Schriftstück nennt sich Opis (опись), was "Verzeichnis" oder Bestandsaufnahme heißt.
Ich fragte meinen Gastgeber, wie lange die Postlaufzeiten in Moskau sind. Er sagte, etwa 4-5 Tage. Der Zugang dieser Registrierungsunterlagen bei der Polizei ist aber für den Ausländer nicht entscheidend. Er soll nun diesen Nachweis der Versendung der Registrierungsunterlagen bekommen und in seinen Reisepass legen bzw. in die Kopie seines Reisepasses. Denn ich empfehle, den Milizionären (bzw.: die heißen jetzt ja Polizisten aufgrund eines neuen Gesetzes), die nach dem Passport oder nach dem Visum fragen, nur die Kopie davon zu überreichen.
Ob die Registrierung dann tatsächlich vollzogen wird, liegt nicht in der Hand unseres Touristen und er braucht sich bei Beachtung meiner Empfehlungen nicht zu fürchten, denn er bzw. die ihn einladende Person hat alles getan, was in seiner Macht steht.
Kosten für die Registrierung des Touristen mit einer Privateinladung
Formular zur Registrierung: 1,80 Rubel
Kopien der Unterlagen durch Postmitarbeiter: z.B. 24 Rubel (3x 8 Rubel)
Benachrichtigung über die Registrierung (уведомление), einschließlich Porto: 118 Rubel
Insgesamt also in meinem Beispiel Post-Kosten in Höhe von 143,80 Rubel, was etwa 3,60 EUR entspricht. Die Post gibt für jeden dieser Posten eine separate Quittung aus. Bei der Polizeidienststelle werden korrupte Polizisten mehr verlangen.
Wer möglichst sicher sein will, kopiert sich diese Quittungen von der Post über die Zahlung der eben genannten Posten und legt diese auch noch zum Reisepass bzw. seiner Kopie dazu, um im Falle des Versuchs der Abzocke eines Milizionärs auch noch ihm zeigen zu können, dass die Registrierungsgebühr bezahlt wurde.
Hinzu kommen noch die Kosten für die private Einladung: 500 Rubel (für ein Zweifachvisum mit Geltungsdauer 3 Monate, als untere Grenze; Inflation beachten), also etwa 12,50 EUR. Insgesamt also 16,10 EUR für die Privateinladung als Untergrenze, weitere Kopierkosten und Portokosten und Zeitverbrauch nicht berücksichtigt. Wird die Einladung mit dem Kurier geschickt, kommen auch diese Kosten noch hinzu, die alle anderen genannten Kosten übertreffen dürften.
Szenario: Kontrolle auf Registrierung
Vor 3 Jahren benötigte man noch einen extra Zettel mit Stempel über die Registrierung. Doch vom stellvertretenden Direktor der Radfahrervereinigung RCTC erfuhr ich in einem Gespräch am 15.09.10, dass nach den letzten Gesetzesänderungen dieser Zettel mit Registrierungsstempel nicht mehr notwendig ist. Wenn man sich in einem Hotel (, welches über ein Zertifikat zur Registrierung seiner ausländischen Gäste verfügt,) einquartiert, muss man seinen Reisepass abgeben, damit das Hotel die Registrierung vornehmen kann. Die Information über den Aufenthalt eines solchen Touristen wird an eine OVIR-Stelle weitergeleitet. Auf das Computersystem zur Registrierung haben die Grenzbeamten Zugriff. Bei der Ausreise können sie, wenn sie das Visum kontrollieren, darauf zugreifen und erfahren, in welchem (zur Registrierung seiner Gäste lizenzierten) Hotel man sich wie lange aufgehalten hat. Das geht schnell. Der Reisepass wird in einen speziellen Scanner eingelegt und die Visuminformationen ausgelesen.
Umgang mit Milizionären im Falle des fehlenden Registrierungsnachweises
Jetzt noch zu der Situation, wenn man keine Registrierungsnachweise bei sich führt und von einem Polizisten danach gefragt wird.
Individualtouristen, die nicht in Hotels übernachten, sind in dem betreffenden Gesetz nicht berücksichtigt. Offiziell gibt es also den Touristen mit Touristeneinladung nur mit Aufenthalt in einem Hotel, ohne dass andererseits die Übernachtung privat verboten wäre. Wenn man nun keinen Registrierungsnachweis (уведомление) bei sich führt, sagt man dem kontrollierenden Milizionär, dass man im Hotel XY wohnt. Der Milizionär hat dann die Möglichkeit, dies nachzuprüfen. Das bedeutet für ihn aber einen Aufwand, den er kaum auf sich nehmen wird. Ich denke mir, man nennt besser ein kleineres Hotel, das er kaum kennen wird und das sich nicht in der Nähe befindet. Dementsprechend sollte man sich vorbereiten und so ein kleines Hotel parat haben. Und man wird ihm auch keine Hilfe geben, wie er dorthin kommt. Er darf jedenfalls in diesem Falle unseren Touristen ohne Registrierungsnachweis nicht festnehmen, denn es gibt für ihn keinen Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen ein Gesetz.
Das ist ein Insider-Tipp, den ich hier weitergebe von einem, der sich auskennt, der sich mit vielen Ausländern über diese Thematik unterhalten hat und von deren Erlebnissen lernte.
[Nachtrag: Durch die Verlängerung der Frist zur Registrierung nach der Ankunft auf 7 Werktage im März 2011 hat sich das Problem/Risiko für viele Fälle erledigt.}
Örtlich unbeschränkt?
Beim Ausfüllen des Formulars zur Beantragung der Einladung hatte ich eine Reiseroute anzugeben. Die Reiseroute wurde später aber nicht in das Visum eingetragen. Das war bei mir früher aber auch nicht der Fall. Doch mein Freund in Moskau meint, dass ich mich nicht sorgen brauche hinsichtlich eines Verstoßes gegen die Reiseroute, die ich im Antrag angegeben hatte. - Doch was ist, wenn Beamte bei einer Kontrolle oder bei der Ausreise Zugriff auf meinen Antrag nehmen und sehen, das ich abseits der angegebenen Route war? Die Frage über Konsequenzen ist noch offen (siehe schon am Ende des Teils 1 dieser Serie).
Link:
Russisches Visum, Teil 1: Überblick über Visumarten
Preise für Visum und Visumbearbeitungsdauer durch Konsulatsmitarbeiter - Russisches Konsulat in Berlin
Überprüfung der Gültigkeit von Einladungen auf der Website des FMS - Migrationsdienstes
...